Dieser vierbeinige "Landedelmann" hat in Frankreich viele Namen: 
"Le Gentilhomme" nennt man ihn wegen seines gentlemanartigen Wesens. "Bas rouge", "Rotstrumpf", heißt er wegen seiner farbigen Abzeichen an den Beinen. "Beauceron" ist die Abkürzung seines offiziellen Namens: "Chien de Berger de Beauce", "Hund des Schäfers aus der Beauce".


Und mit diesem offiziellen Namen sind eigentlich alle unzufrieden: 
Zum einen gab es diesen Hund nicht nur in der Beauce, sondern überall in Nordfrankreich. Zum anderen war und ist er kein Hund des Schäfers: Ein Beauceron jagt die Schafe nicht auf Befehl des Schäfers von hier nach da wie ein Schäferhund. Er läuft allerdings auch nicht einfach nur mit und verläuft sich dann womöglich mitsamt der Herde, wie die großen Hirtenhunde das mitunter tun. Ein Beauceron führt und schützt die Herde. Er hütet nicht, er behütet sie. Und das tut er nicht nur mit lammfrommen Schafen. Das macht er auch mit zickigen Ziegen und bulligen Rindern.

Der Beauceron stammt von jenen großen "Lagerhunden" ab, die schon zur Zeit der Kelten im Bereich der Westalpen zu Hause waren und die sich von den anderen dadurch unterscheiden, dass sie immer kurzhaarig waren und "bunt wie Kühe": "Küherhunde" heißen sie heute noch in der Schweiz. "Sauhunde" nannte man sie im Mittelalter bei uns, weil sie zuverlässige Helfer bei der Wildschweinjagd waren. Und aus diesem weit verbreiteten Stamm entstanden im Laufe der Jahrtausende unterscheidbare Regionalrassen.

Die Arbeit dieser kurzhaarigen Küherhunde war überall dieselbe: Sie sollten auf Haus, Hof und Herden aufpassen, das Vieh zusammenhalten, es notfalls auf den richtigen Weg zurücktreiben und es gegen jeden Viehdieb erfolgreich verteidigen. Und das alles sollten sie ganz gelassen tun, ruhig und selbstständig, damit die Herden nicht in Panik gerieten und der Hirte gar nicht erst eingreifen musste.

Den Viehzüchtern war das Aussehen dieser Hunde ziemlich egal. Für sie zählte nur deren Zuverlässigkeit bei der Arbeit. Und so mischten sich diese ursprünglich schwarz-bunten oder rot-bunten "Küherhunde" auf ihren weiten Wegen immer wieder mit anderen "Regionalrassen": Mit den bräsigen, langhaarigen Hirtenhunden aus den Hochgebirgen, mit den bärtigen Schnauzern und den schneidigen Pinschern, die die Bauernhöfe rattenfrei hielten, und schließlich auch mit den neuen "echten" Schäferhunden, die vor 300 Jahren mit den großen Schafherden kamen und bald ganz Westeuropa eroberten.

Vor gut 100 Jahren gab es in Zentral-Frankreich deshalb nur einen einzigen großen Bauern- und Hirtenhund. Aber der sah ganz unterschiedlich aus: mal wie ein schmaler Rottweiler, mal wie ein hochbeiniger Bobtail, mal wie ein zottiger Schäferhund. Den Franzosen war das egal. Als dann jedoch im Nachbarland Freiherr von Stephanitz sich daran machte, den "Deutschen Schäferhund" zu kreieren, da wollte man dann doch nicht mehr zurückstehen, und der Armee-Veterinär Pierre Mégnin wurde zum "Vater der französischen Dienst- und Militärhunde".

Mégnin war Traditionalist. Er wollte das Altbewährte erhalten. Er suchte also aus dem bunten Genpool nur jene Hunde aus, die die Merkmale des altfranzösischen Herdenschützers, Saupackers noch am deutlichsten überlieferten: die mit den kurz-dreieckigen Schlappohren und mit der Afterkralle, jenem Daumen am Hinterbein, den auch der alte Pyrenäen-Berghund noch hat. 

1888 trat in Paris eine Kommission zusammen und erstellte die Standards für zwei unterschiedliche französische "Schäferhunde": Den "Kurzhaarigen" mit dem glatten Gesicht benannte man nach der südwestlich von Paris gelegenen Landschaft Beauce, den "Langhaarigen" benannte man nach der nordöstlich von Paris gelegenen Landschaft Brie: Der Briard und der Beauceron waren entstanden. Der stehorige-struppige Picard blieb bis 1924 ein rasseloser Landschlag.

Aber an ihrem Leben, an ihrer Arbeit draußen bei den Herden änderte sich dadurch wenig ... bis der Fortschritt auch die Idylle des französischen Landlebens einholte, bis die "Schäferhunde" draußen arbeitslos wurden. Da wurde aus dem Briard ein schöner (aber pflegeintensiver) Familienhund. Aus dem Beauceron aber wurde der französische "Alleskönner", der Diensthund von Polizei, Militär und Rettungswesen und die Lieblingsrasse aller Leute, die das Urtümliche, das Selbstständige und Selbstbewusste lieben ...

Der Beauceron wird nie ein Schäferhund 
Nein, ein Beauceron ist kein "Französischer Schäferhund". Und er wird das auch nicht, wenn man ihm die "Flatterohren" zu von sich aus "stehenden" Schäferhund-Ohren zurechtkupiert. Ein Beauceron ist kein "verlängerter Arm des Schäfers", der seinen "Herrn" immer im Blick hat und immerzu fragt: "Was soll ich jetzt machen?" 
Ein Beauceron ist und bleibt ein "Küherhund", ein "Sauhund", der selbst entscheidet, was er macht und was nicht. Aber: Er ist auch nicht einfach "nur ein französischer Rotti"...

Ein Beauceron ist ein selbstbewusster, dickköpfiger "Sauhund", aber einer mit einem bisschen Schäferhund-Einschlag. Und dieses kleine bisschen Schäferhund-Einschlag, das kann Auswirkungen auf sein Temperament haben. 
Man kann sagen, dass es auch heute noch innerhalb der Rasse große Unterschiede gibt: 
So gibt es die kleineren, unternehmungslustigen Dobermann-Ähnlichen mit "nur" 30 kg, und es gibt die großen, gelassenen Rotti-Ähnlichen mit bis zu 50 kg.
Es gibt den Beauceron, der ein ganz gelassener, umgänglicher "Landedelmann" ist, der auch beim Hundesport lieber den anderen bei der Arbeit zuguckt, und es gibt den Workaholic - der immer ewig mitdenkt und aufpasst und auch ganz selbständig die Fehler seines Herrn korrigiert.

(Bericht aus Partner Hund von G. Beckmann)

 

 




Der Beauceron ist robust, sehr reserviert, seine Bindung tief, er ist ernsthaft und seine Leidenschaft ist die Arbeit. Er ist aber auch ein Draufgänger, er ist mutig und kühn und doch seiner Familie gegenüber weich und sensibel. Er begleitet einen auf Schritt und Tritt, was ihm dem Spitznamen "Der Kleber" eingebracht hat.

Einmal erwachsen ist der Beauceron ausgesprochen umsichtig mit allem was ihm anvertraut ist.
Er akzeptiert auch andere in der Familie mitlebende Tiere, zum Beispiel Katzen.
Auch hat sich der Beauceron, immer noch durch die Ursprünglichkeit der Rasse, ein hohes Maß an Eigenständigkeit erhalten. Seine Reaktionen sind blitzschnell und oft reagiert er, bevor der Befehl seines Herrn ihn erreicht.

Er geht auch an neue, unvorhergesehene Situationen, ob gefährlich oder nicht, ohne lange abzuwarten heran. Diese Eigenständigkeit sollte auf keinen Fall mit Gewalt unterdrückt oder mit anderen harten Mitteln abgeschafft werden, da dieser Hund dann mit Sicherheit ein ängstliches und unterwürfiges Wesen werden wird, der nichts mehr mit dem "stolzen" Berger der Beauce gemeinsam hätte.

Der Bas Rouge ist Fremden gegenüber sehr reserviert und abwartend, leider wird ihm dies immer wieder als Ängstlichkeit ausgelegt. Ängstlichkeit ist aber damit nicht gemeint und auch bei der Rasse nicht erwünscht.

 


Wer sich so einen französischen Landedelmann ins Haus holen möchte, sollte sich vorher erst prüfen:
Was will ich von meinem Hund?
Was kann ich meinem Hund bieten?

Er sollte sich dann den passenden Züchter mit der zu ihm passenden "Linie" aussuchen. Und bei seiner Entscheidung immer daran denken, auch ein Beauceron ist nur ein Hund, ein außerordentlich ansprechbarer, lernfähiger, selbstbewusster. Er muss von Welpenbeinen an erzogen werden, täglich neu und mit eiserner, aber liebevoller Konsequenz, mit der Faust im Samthandschuh, wie man in Frankreich sagt. Mit Gewalt und Frust erreicht man bei ihm gar nichts, begegnet man ihm allerdings nur mit Zuneigung, Leckerlies und Streicheleinheiten ohne klare Grenzen und Regeln zu setzen fängt er sehr schnell an seinem Herrchen/Frauchen auf der Nase herum zu tanzen.

Ein Beauceron eignet sich nicht zum Untertan. Er ist ein ehrlicher Hund, der jedem sofort zeigt, was er von ihm hält.
Ein Beauceron guckt, prüft und denkt erst mal selber, ehe er dann so oder so handelt. Und das macht er nicht nur mit dem Fremden, der sein Revier betritt. Das macht er auch mit den Kindern des Hauses, mit seinem Herrn und Meister selber.

Ein Beauceron passt deshalb nur zu Leuten, die bereit sind, dieses erst noch kleine Kraftpaket mit Geduld und Spucke zu erziehen. Er passt zu Leuten, die wissen: Auch und gerade ein Gentleman, ein Ritter muss erzogen werden, damit aus ihm kein Raubritter wird.